DMEXCO ´23: was bleibt und wird wohl wichtig?

23/09/23: Eine Branche auf der Suche nach sich selbst.

Vorweg eines. Wenn eine Messe, bei der viele Menschen von weit her anreisen, viel Strom und Energie dafür verbrauchen, Unmengen an CO2 und sonstigem Dreck ausstossen, Luft wegatmen, Platz in Zügen, Fliegern und auf Autobahnen einnehmen und diese so verstopfen - auch wenn dies besonders in einer Branche, die sich das Digitale, das Virtuelle, das Schwerelose und vor allem das Meeten aus der Ferne auf die Fahnen geschrieben hat - das also gerade für diese besonders anachronistisch, völlig unzeitgemäß erscheint - als hätten sie alle, die dorthin pilgern und jene, welche die Melche an jenem Ort halten, die Zeichen der Zeit so gar nicht erkannt. Dennoch ist sie ein Anlass, kurz einmal innezuhalten und sich zu fragen:

"WTF - was soll das? Gibt das irgendeinen Sinn?"

(Vermeintlich) große Themen dieser Branche, hier und heute

Im Vorfeld riefen die Einberufer der Messe uns, die sie für ihre Jünger halten, auf, die wichtigsten Themen dieser Zeit als große Trends zu benennen. Und so grübelten und wälzten wir Gedanken. Raus kam, was wir sonst auch hier in unserem Blog verhandeln, also einiges: Barrierefreiheit, technologische Integration von PIM-Systemen, Instrumentalisierung von und Umgang mit K.I., Nachhaltigkeit in der Entwicklung, Cookiefreedom, neue Möglichkeiten für digitale Kreativität und noch vieles mehr. Oder auch: interkulturelle Kommunikation, Sicherheit, die Überwindung von Hemmnissen, Hilfe bei der Lösung von Konflikten, den großen Fragestellungen unserer Zeit und weiteres, was wir uns bei DRIVE zumindest als Ansporn unserer Arbeit setzen. Sieht unsere Branche das aber auch so? Und: Was könnten wir Kommunikatoren alles bewegen, im Großen wie im Kleinen, bei unserer täglichen Arbeit? (Unsere Liste seht ihr unten.)

K.I. geht immer und über alles

An K.I. arbeiten sich alle ab.

  • Pragmatisch: Was kann ich damit machen, welche Tools wie nutzen, für welche Kanäle, auf welche Weise. 
  • Moralisch: Auch hier wird die Diskussion noch so geführt. Auch wenn längst klar ist: der Geist ist raus, der Korken weg, die Flasche leer. 
  • Technisch: Wichtig, die nächsten Entwicklungsschritte zu nutzen. Manche Features in Tools sind tatsächlich KI-gestützt. Die großen K.I.s sind in den nächsten Entwicklungsstadien. Manches ist aber auch nur Label, z.B. auf ein Suchfeature. 
  • Ängstlich: "Oh Gott, verlieren wir jetzt alle unsere Jobs?" Nein, tun wir nicht. Wir haben Zeit für noch mehr tolle Sachen, die wir jetzt anstellen und kreiieren können.
  • Visionär: Leider viel zu wenig, viel zu selten. Denn was lässt sich alles Tolles damit anstellen. Sei dein Regisseur und gestalte deine Traumwelten und -bilder, wie du es willst. Das wird alles gehen. 
  • Rechtlich: neben der technisch-pragmatischen und der kreativ-visionären die wichtige Dimension. Da hätte diese Branche auf dieser Messe wichtige Impulse seetzen können. Nur: das tut sie nicht und sie kann und selbst wenn sie könnte, sie will es wahrscheinlich auch nicht. Warum?
Strategy is the solution, sagt dieser junge Mann und er hat Recht.

Und sonst? Keine großen Aufreger.

Die Branche hat, zeigt oder kennt anscheinend keine weiteren besonderen Themen. Nicht auf den Podien, Veranstaltungen, Conferences, Plan oder Kalender. Die großen, drängenden Themen, mit denen sich Politik und Wirtschaft, also auch unsere Kunden, auseinandersetzen, die Gesellschaft, also die Menschen welche wir ansprechen, beschäftigen: der Klimawandel, kriegerische Auseinandersetzungen, nationale und internationale Handelshemmnisse und gar -konflikte, das politische und gesellschaftliche Auseinanderdriften, Wiedererstarken aggressiver Nationalismen und Abschotten weiter Kreise und großer Gruppen - sie alle finden hier so gar nicht statt. Warum ist das so? Verleugnung, last years news, Realitätsflucht oder einfach kein Interesse?

Ein Beispiel: Das Wegdriften ganzer Gruppen in der Gesellschaft

In 2021 haben sich 23,42% aller Wahlberechtigten nicht an der Wahl beteiligt, das sin düber 14 Millionen Menschen*! Zum Vergleich: 1972, zu Zeiten Willy Brandts waren dies gerade mal 8,89%* und diese galte damals als "viele". Denn Wählen gehen war die Teilnahme am "Hochamt der Demokratie" angesehen, ein Recht, welches es unbedigt wahrzunehmen galt, so der Konsens zu der Zeit. Dieser ist verloren gegangen. Zählt man heute diejenigen dazu, welche rechtsextremen Gruppierungen ihre Stimme geben, nämlich 7,85 % für die AfD, stellen diese Menschen mit 31,27%* die größte Gruppe. Mit zum Teil nicht nur sehr abseitg der bisher als gesellschaftliche Basis geltenden Wertvorstellungen, sondern mit eigenen Zeichen, Codes, Sprachregelungen und nicht zuletzt auch Konsumverhaltensvorgaben. Die von außen keiner kennt, versteht, entschlüsselt und demzufolge auch nicht mit ihnen mehr sprechen kann, (siehe dazu unseren Beitrag "How to build up a stupid community").

Nun: Was können Kommunikatoren leisten, um diese Menschen anzusprechen? Erblicken sie diese überhaupt? Können, sollten, müssten sie nicht versuchen, vielleicht sogar wieder einen Konsens mit ihnen herstellen? Zumindest die Diskussion darüber wäre es wert zu führen und wenn nicht an solch einem Ort, dieser Messe, ja, wo denn dann? (*Alle Zahlen übrigens nach The Pioneer Business Briefing vom 19. September 2023)

Diese Branche ist zu klein für so viele Messen

OMR, DMEXCO und sie sind nicht die einzigen - wahrscheinlich wird es irgendwann nur eine geben können. Denn Aussteller müssen ihre Budgets aufteilen und beide, alle sind nicht billig. Vieles sieht bereits jetzt nach Sparen und Verwertung von Vorhandenem aus. Dabei bleiben wohl auch manche großen Gedanken auf der Strecke. 

Muss Egozentrik sein? Nein.

Darin unterscheiden sich weder neue noch etwas ältere Agenturen von ihren zahlreichen Vorgängerinnen. Alle kreisen gern, viel um sich, sprechen eigentlich am liebsten sich selbst an, in Form der Zielgruppe, die man gerade für besonders wichtig und entscheidend hält. Das trägt leider nicht lang, nur kurz gedacht. Zum Glück gibt es die Erfahrenen, die systematischer, übergreifender, umfassender, eben anders an ihre Aufgaben gehen. Und das ist auch gut so. 

Was bleibt von der DMEXCO ´23?

  • Gut: viele Technik-, System- und Tool-Anbieter. Down to earth, auf dem Boden geblieben, aufs Machbare konzentriert und dabei echte Fortschritte erzielt. Prima, so bitte weiter und mehr.
  • Die Branche: sollte sich wirklich wichtigen Fragen stellen und sich um werthaltige Antworten bemühen. Liebe Freund:inen und Kolleg:innen: beziehen wir die Welt mit ein in unseren doch recht kleinen Kosmos. Nehmten wir Aufgaben war. Werden wir wieder wichtig, schaffen Werte und leisten "wert"-volle Beiträge im echten Sinne des Wortes, für euch, eure Kunden, die Welt und uns alle. Jedenfalls ist das unser Antrieb bei DRIVE.

Was ist wirklich wichtig - heute, morgen, übermorgen?

Heute - Zeithorizont 6 Monate

Welche technologischen und strategischen Herausforderungen undTrends stehen aktuell bzw bis Jahresende im Fokus? (z.B Implementierung von KI-Systemen ins aktuelle Shopsystem, Integration von PIM-Systemen in die Marketingautomations-Lösung ...

  • Ja, Integration von PIM-Systemen in Marketing-Kommunikations-Landschaften, über Automation hinaus. Oberthema: Weiterführung der Digitalen Transformation von Unternehmen und Institutionen. Dabei: komplexe Anwendungen und Systeme mit Kundennutzen, z.B. Apps für die Warenlogistik und -distribution (digitaler Produkt-Lifecycle)
  • Digitale Content Creation: mehr Inhalte, mehr Botschaften, mehr Aussagen
  • Cookiefreedom / cookieless Analyse
  • Barrierefreiheit
  • Integration von K.I. in die Entwicklungs- und Kreationsprozesse als Tools vs. Individualisierung
  • Sicherheit: Daten, Systeme, Anwender:innen schützen
  • Entwicklung von KI-gestützten Workflows zur Optimierung und Verschlankung von Abläufen.
  • Nachhaltige Markenkommunikation. Einfach grün anmalen reicht schon lange nicht mehr, dubiose Zertifikate kaufen auch nicht. Wer Nachhaltig sein will, sollte dies in so vielen Bereichen wie möglich umsetzen und muss das sehr gut geplant kommunizieren.
  • Social Selling für B2B über LinkedIn wird für immer mehr Unternehmen ein wichtiges Standbein werden. Hier darf man nicht den Anschluss verlieren.

Morgen - Zeithorizont 12 Monate

Über welche technologischen und strategischen Herausforderungen / Trends wird nachgedacht, die eine konkrete Umsetzungsperspektive haben bzw als Pilotprojekt geplant oder aufgesetzt werden? ( z.B Metaversum-Vertrieb für, Social Selling via TikTok)

  • Nachhaltigkeit in der Entwicklung, Gestaltung, Konzeption digitaler Anwendungen
  • Noch mehr Nutzung sozialer Anwendungen, über die klassischen Social Media hinaus. Mehr 1:1 Dialoge und Aufbau entsprechender Systeme und Strukturen
  • Barrierefreiheit verpflichtend im eCommerce.
  • Allg.: mehr Regelungen, auch bei KI für Texte, Bilder, mehr Urheberschutz
  • Noch mehr: Sicherheit. Dadurch auch höherer Bedarf an Regelung (übergeordnet und individuell)
  • Das Thema Cookies und DSGVO wird uns auch im nächsten Jahr weiterhin beschäftigen. Zu viele Unternehmen setzen immer noch auf Google Analytics trotz Einwände von Experten.
  • Daraus folgt: Mehr Rückbesinnung auf psychologisches / empathisches Marketing statt datengetriebenen Marketings. Zumindest in der EU.
  • Demografischer Wandel. Wie kompensieren Unternehmen die wegfallenden Mitarbeiter? Und was für Maßnahmen sorgen nachhaltig und effizient dafür, dass die eigenen Mitarbeiter bleiben? Spannende Herausforderungen für Unternehmenskommunikation und Mitarbeitermarketing.

Übermorgen - Zeithorizont 36 Monate

Welche Technologien / digitalen Entwicklungen sind mittel- bis langfristig wichtig für den Markt ein? (z.B Fediversum, KI-basierte Agentur)

  • Integration der gesamten digitalen Userjourney über alle Tools und Touchpoints, dabei nochmalige Steigerung der Menge und Qualität der digitalen Touchpoints, noch mehr Tools, Apps, Services, Angebote, mehr deren Verknüpfung; daraus höhere Anforderung an Steuerung, Handling, Kreation, Gestaltung, Produktion
  • mehr Integration der User:innen in den Dialogprozess und darüber in das Unternehmen, dabei Verbesserung der Analysemöglichkeiten, mehr Insights, mehr dynamischer Austausch
  • Navigation vereinfachen, Interaktionen zwischen den Endgeräten, über das einzelne hinaus vereinfachen. Alle Endgeräte werden zu einem großen System, Verbindung / Verknüpfung der Anwendungen und Geräte
  • Wie wird Augmented Reality langfristig unsere Art zu Arbeiten und Medien zu nutzen verändern? Nachdem man nach der HoloLens von Microsoft wenig dazu gehört hatte, lässt Apples Vision vermuten, dass dieses Thema in Zukunft weitergedacht werden sollte und möglicherweise größer wird, als viele dachten.
  • Virtuelle Influencer. Noch sind diese relativ einfach zu durchschauen, aber mit der Weiterentwicklung von KI werden auch sie immer besser werden. Für Unternehmen eine spannende Möglichkeit. Aber auch als Gesellschaft eine Herausforderung. Sagen uns KIs bald, was wir kaufen sollen?

Wir sehen, hören zu, nehmen wahr, entwickeln und denken nach. Wir analysieren und haben sehr viel praktische Erfahrung. Und daraus gestalten wir dann mit Euch zusammen die nächsten Schritte. Macht ja auch einfach sehr viel Spaß. Und wenn wir uns mal irren sollten, was sehr, sehr selten und auch nur ganz vielleicht passiert :). Oder wenn die Welt sich doch ein wenig anders dreht? Dann passen wir sofort an und ändern den Kurs, so, wie man es auch tun sollte. 

Stephan Probst

Habt ihr Fragen?

Stephan Probst unter pole-position(at)drive.eu - frohe Botschaften für alle. Stephan ist DRIVE und seine Begeisterung reißt alle in der Agentur mit.

Clas Dörries ist Strategist bei Drive mit Fokus auf Marketing, Kommunikationsstrategien und Content!

Clas Dörries

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Clas Dörries unter pole-position(at)drive.eu - Sinnvoller Content mit vorausschauender Strategie ist Clas' Ding!