WAS WIR VON DA VINCI LERNEN KÖNNEN

14/08/20 Leonardo da Vinci ist ein Mythos – Welche Inspiration und Motivation können wir aus seiner Art zu denken ziehen?

Die klangvolle Musik lockt einen schon aus dem Nebenraum. Durch einen schwarzen Fadenvorhang hindurchgegangen – wie der Weg in eine andere Welt, steht man plötzlich inmitten von Projektionen, die an die Wände und den Boden des großen Raumes ausstrahlen und sich in den verspiegelten Säulen brechen. Animationen kombiniert aus Ausschnitten hunderte Jahre alter Gemälde, 3D-Computeranimationen und geometrischen Abstraktionen der Bauwerke eines vergangenen Zeitalters wirken hypnotisierend. Es scheint, als befände man sich innerhalb eines überlebensgroßen Kaleidoskops. 

DRIVE auf Exkursion im Landesmuseum Hannover, wo wir die multimediale Ausstellung „Leonardos Welt“ besucht haben. Vom ersten Moment an tauchten wir ein in die Gedankenwelt des Genies und Visionärs Leonardo da Vinci und die Grenzen von Werk und Wirklichkeit verschwammen. Mithilfe von Film, Ton und Projektion umgesetzt ist die Rauminstallation ein beeindruckendes Exempel für modernes Storytelling. Die Kontextualisierung zu Beginn der Ausstellung gelang auf beinahe spielerische Art und Weise. Während einer videogestützten Präsentation lernten wir das Leben des da Vinci kennen, begegneten dem Künstler und Erfinder als realistisches Hologramm und erhielten einen Eindruck seiner bekanntesten Gemälde. 

Die Impressionen faszinierten und inspirierten uns sehr. Uns stellt sich nun die Frage: Was können wir von da Vinci lernen? Welche Inspiration und Motivation können wir aus seiner Art zu denken ziehen?

Mythos und Universalgelehrter

Leonardo da Vinci ist ein Mythos – ein Universalgenie, das Kunst und Natur vereinte und mit seinen schöpferischen Einfällen seiner Zeit weit voraus war.

Die herausragenden Erfindungen und Kunstwerke des 1452 im toskanischen Dorf Vinci geborenen Leonardos begeistern uns noch heute – ein halbes Jahrtausend nach seinem Tod. Er hinterließ unzählige Skizzen, Entwürfe und Studien. So konzipierte er unterschiedlichste Flugobjekte, plante eine unterirdische Kanalisation, um die Hygienesituation des von der Pest geplagten Mailands zu verbessern, und schuf mit Entwürfen von Katapulten und Festungsanlagen die Vorläufer moderner Erfindungen. Eine Vielzahl der bekanntesten Gemälde entsprangen seinem Genie – unter anderem die „Mona Lisa“, die „Felsgrottenmadonna“ und „Das Abendmahl“.
 

Da Vinci vermag der größte Visionär der italienischen Renaissance gewesen zu sein. Mächtige, einflussreiche Herrscher trachteten nach seinem Rat und seiner Kunst. Doch er war in seiner Arbeit nicht von Ruhm und Reichtum getrieben, sondern vielmehr von unstillbarer Neugier und Perfektion. So fing er in seinem Leben unzählige Projekte in verschiedensten Fachgebieten an, ohne viele je zu beenden.

Wie kann ein einzelner Mensch die menschliche Anatomie studieren, begeisterter Naturwissenschaftler sein, funktionstüchtige Maschinen skizzieren und gleichzeitig die Kunst der Renaissance revolutionieren?

Wer wachsen will, braucht vor allem Vorbilder, nach denen man sich strecken kann. Welchen Mehrwert können wir uns also aus dem Leben des Leonardo da Vinci ziehen?

Lernen wie da Vinci

Intuitiv und ungebremst

Leonardo da Vinci war Meister des freien Denkens. „Think out of the Box“ würde man dazu heute vermutlich sagen. Er sah Verbindungen, die zuvor unbemerkt waren und erschloss sich neue Wissensbereiche durch Verknüpfung von Themenfeldern. Er brach aus alten Mustern aus, dachte die Kunst neu und arbeitet so im Zeichen der Renaissance – ungebunden an gesellschaftliche Normen des Mittelalters.

Er zeigt uns: Wir müssen abteilungsübergreifend denken und nicht auf einer Fertigkeit beharren. Sätze wie „das haben wir schon immer so gemacht“ bremsen Prozesse und müssen aus dem Arbeitsalltag verbannt werden. Geht nicht, gibt es nicht!
Vielmehr müssen wir auf unsere Vorstellungskraft vertrauen, Begeisterung für das Ungewöhnliche finden und keine Angst vorm Scheitern haben.

Da Vinci war dafür bekannt seine Gedanken, egal wo er ist, festzuhalten und trug auch auf all seinen Reisen stets ein Notizbuch bei sich. Hinterlassen hat er der Nachwelt mehrere tausend Seiten, auf denen er seine Studien festhielt. 
Wir müssen dem Künstler gleich mit einem offenen, analysierenden Blick durch die Welt gehen und unsere Interessen breit fächern. Dadurch entstehen neue Impulse und Kombinationen und somit unbekannte Möglichkeiten.

Lebenslange Weiterbildung ist nötig, um sich und seine Fähigkeiten ständig weiterzuentwickeln und aktuell zu bleiben. So müssen wir die heute so einfach zugänglichen Informationspools nutzen. Sie sind die Vorteile, die wir im Vergleich zu da Vinci haben und die sich jeder aus der heutigen digitalen Welt ziehen kann.

Neugier und Perfektion als Antrieb

Leonardo war vermutlich ein Perfektionist. Es liegt nahe. Wieso sonst ist die Mona Lisa mit solch einer Akribie und Detailreichtum gemalt? Wieso gibt es unzählige unvollendete Werke? Sein Drang nach Vollkommenheit trieb ihn an. Gepaart mit der Neugier, die Welt zu verstehen und Gegebenheiten zu hinterfragen, war er in der Lage die Kunst zu revolutionieren und Innovationen zu schaffen, an die die Welt zuvor nicht zu denken vermocht hat. Aus unserer kindlichen Neugier, die bei dem einen oder anderen vielleicht tiefer vergraben zu sein scheint, können wir Energie und Begeisterung ziehen, neue Wege zu gehen und neu zu denken.

Problemlöser – Erfindungen für den Menschen

Viele Entwicklungen der Menschheit waren Produkt eines akuten Problems. So auch bei da Vinci. Seine Innovationskraft zog er aus der Suche nach Lösungen. 
Wie können wir also Prozesse in den Gang setzten und beschleunigen, die dem Menschen helfen? Wir müssen auf die Bedürfnisse der Zeit reagieren. Müssen beobachten, verstehen und human-centered arbeiten.

Aus der Masse herausstechen

Verbindungen schaffen, wo zuvor keine existierten. Unkonventionelle Wege gehen. Außergewöhnliches in Betracht ziehen. Sich mit Menschen umgeben, die inspirieren. Gewohnheiten durchbrechen, um unsere Komfortzone zu verlassen.
Leonardo da Vincis Kreativität entstammt aus kindlicher Begeisterung für das nicht Erforschte. Als Kreativer kann man Inspiration aus allen Dingen ziehen. Doch nur so lange man sein Leben lang lernt, entwickelt man sich fort und ist so in der Lage bisher unbekannte Verknüpfungen zu sehen und aus der Masse herauszustechen.

Julia Wutschke

Julia Wutschke unter pole-position(at)drive.eu