Von Texten und Bildern im Kopf

22/05/23 - Was genau ist eigentlich ein schöner Text. Eine kleine Spurensuche

„Lied mit gutem Text“. Mit dieser leicht verwirrenden Titelzeile wollte Schlagerbarde Ikke Hüftgold Deutschland in diesem Jahr beim European Song Contest vertreten. Unabhängig vom Ausgang dieses kunterbunten und doch so unwichtigen Wettbewerbs und auch unabhängig vom wieder einmal letzten Platz der letztlich abgesandten deutschen Vertretung war es eine gute Sache, dass ein Refrain mit den Worten „La La La“ nicht auf dieser Bühne stattfand.

Guter Text. Was genau ist das eigentlich? Was sind schöne Worte? Worte, die Inhalte ebenso vermitteln wie Bilder. Inhalte und Bilder, die in der trivialen und der belletristischen Welt ebenso entstehen und funktionieren, wie im Business. Eine Aufgabe also, die für Romanautor:innen und Journalist:innen, für Agenturtexter:innen und Pressereferent:innen gleichermaßen gilt. Sie alle müssen Bilder und Geschichten, wenn nicht sogar Welten entstehen lassen. Sie alle müssen auch so manchen trockenen Inhalt faktisch richtig darstellen und dennoch dabei so anschaulich beschreiben, dass eben genau dieser trockene Inhalt spannend und anschaulich daherkommt. Wir wollen den Leser doch nicht in den Schlaf treiben.  

„Schreiben kann jeder“ – ist das so?

Nicht selten ist zu hören: „Schreiben kann doch jeder.“ In der Tat sollte allein aufgrund unserer schulischen Ausbildung jeder in der Lage sein, eine E-Mail zu schreiben oder im Laufe des Studiums einige sinnhaltige Sätze aneinander zu reihen. Stichwort Schule: Ja, wir alle kennen den wunderbaren in der Deutschstunde erlernten Aufbau „Einleitung – Hauptteil – Schluss“. Und ja, Liebhaber der deutschen Sprache nutzen mit Überzeugung - und zwar immer und unabdingbar - den Genetiv anstelle des Dativs und „drin“ statt „drinne“, „einzige“ statt „einzigste“.  

Zu den Untiefen, Fallstricken und sich bedenklich ausbreitenden Abgründen der schriftlichen wie sprachlichen Ausdrucksweise gibt es äußerst amüsante Werke. Dazu gehören schon lange „Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod“ von Bastian Sick oder „Bin ich denn der Einzigste hier, wo Deutsch kann?“, in dem Andreas Hock die deutsche Sprache aufgrund des anglistischen Einflusses schlichtweg als „linguistisches Auslaufmodell“ einstuft. 

Schräge Bilder vs. Magischer Realismus

So weit, so unterhaltsam. Dennoch kommt in so manchen Momenten des Lesens die Frage auf, wie es denn möglich ist, dass eine Sprache, die vor lauter Poesie und Wohlklang die Menschen zu Tränen rührte, eine Sprache, die Dichter und Denker dieses Landes für immer Weltruhm verschaffte, immer öfter für grammatikalischen Wildwuchs und schräge Bilder verantwortlich ist.  

Beispiel gefällig? In der Sportberichterstattung, in diesem Falle zu einem Jugend-Tennisturnier, „schnupperte eine Spielerin die frische Luft der Courts“ bevor sie sich „ins Viertelfinale schlug“. Ja, was denn nun? Wird hier von einem tennisspielenden Kind, einem schnüffelnden Hund oder gar einem gewalttätigen „Enfant terrible“ berichtet? Das überdies die Begegnungen wohl nicht auf dem Platz entschieden wurden, sondern an der Tombolatrommel, bewies die finale Berichterstattung mit den Worten „Sie zogen die Lose für das Finale.“ Roger Federer würde sich bei einer Lektüre wahrscheinlich denken, dass er sich so manche quälende Trainingseinheit hätte sparen können, wenn es doch möglich ist, Finals durch den Griff in die Lostrommel zu erreichen.  

Wesentlich feinsinniger sind da die großen lateinamerikanischen Autoren. Der so genannte „Magische Realismus“ - überragend geprägt von Literatur-Nobelpreisträger Gabriel Garcia Marquez – lässt wunderbare Bilder voller Licht und Farben entstehen. Bilder, die Fakten und Mythen, knallharte Realität und wundersame Ereignisse zu einer Sinfonie an Worten zusammenführen.  

Nun muss es nicht unser aller Ziel sein, irgendwann einen Literatur-Nobelpreis in den Händen zu halten. Autor*innen, Journalist*innen, Agenturtexter*innen oder Pressereferent*innen müssen keine „Hundert Jahre Einsamkeit und damit ein kolumbianisches Kulturerbe oder ein Mädchen mit grünen Haaren und gelben Augen wie Isabel Allende im Geisterhaus erschaffen. Treffende Aussagen und stimmige Bilder wären aber tatsächlich eine gute Sache.  

Vielseitigkeit im Agenturalltag

Zurück zu „Schreiben kann doch jeder“. Oder auch: „Schreiben ist Handwerk und damit erlernbar.“ Halleluja. Die entsprechenden Blogs und Anleitungen gibt es zur Genüge. Also ab ins www. und schon funktioniert es mit dem guten Text? Schwierig. Denn gute Ratschläge wie „weniger Adjektive“, „Fasse dich kurz“, „Beginne mit dem Wichtigsten“ sind Allgemeinplätze, die nicht auf die verschiedenen Formen des Textens zutreffen. In der Sportberichterstattung sollte das Wichtigste, das Ergebnis nämlich, in den ersten Sätzen zu finden sein. Ebenso im Text auf der Startseite einer Website. Für einen Krimiautor dagegen hätte das wahrscheinlich fatale Folgen hinsichtlich des Spannungsaufbaus.  

Im Agenturalltag ist definitiv Vielseitigkeit gefragt. Wichtig in der Planung dabei: Genau zu wissen, was man schreiben will. Was ist das genaue Thema? Wer ist die Zielgruppe? Was ist die Hauptaussage? Was soll der Text beim Leser auslösen: Wissen durch Fakten, Erwartungen durch Versprechen, Unterhaltung durch Anekdoten, Analogien, Zitate? Was ist für den Empfänger und nicht für den Absender spannend? All das muss bedacht werden im Briefing, im Konzept, in der finalen Umsetzung.  

Unmöglich? Mitnichten. Wir bei DRIVE gestalten verschiedenste Texte für Websites diverser Ausrichtungen: Vom Verband bis zum Pharmaunternehmen, vom IT-Anbieter bis zur Volkshochschule. Imagetexte für Magazine gehören ebenso zum Portfolio wie Geschäftsberichte, Pressemitteilungen, Content für Social Media und Blogs.

 

Schreiben ohne Schablone

Allein diese Aufzählung macht deutlich: Hier hilft keine Schablone, kein verallgemeinernder Leitfaden zum Aufbau, keine Vorgaben zur Nutzung von Adjektiven oder Satzlängen. Die historische Aufarbeitung einer Unternehmensdarstellung für einen Imagetext hat einen gänzlich anderen Anspruch als das Schreiben von Texten für eine Website. Ist das eine aufgebaut wie ein kleiner Roman, muss das andere geprägt sein von schnell zu erkennenden Fakten und einer logischen Verschachtelung im Aufbau des Menüs und der Unterseiten.  

Sind Texter also die vielzitierte „eierlegende Wollmilchsau“? Unbedingt - zumindest in diesem Bereich. Aber nicht mehr oder weniger wichtig als die bildstarke Kreativität des Designs, die Detailverliebtheit der Entwickler beim Schreiben der Codes oder die zukunftsorientierte Denkweise der Strategie. Ein guter Text und die Fähigkeit, Fakten übersichtlich darzustellen, bilden ein kleines, aber wichtiges Rädchen im Gesamtantrieb von DRIVE. Inklusive richtiger Rechtschreibung, grammatikalischer Sicherheit und der Fähigkeit, Bilder entstehen zu lassen, die sich für Kunden und Leser zu einem kleinen Kunstwerk zusammenfügen. Auch wenn dies ganz bestimmt kein Mädchen mit grünen Haaren und gelben Augen ist.  

Sybille Schmidt

Habt ihr Fragen?

Sybille Schmidt unter pole-position(at)drive.eu - Text- und Projektchefin. Schreiben ist Sybilles Leidenschaft!